„Steinstücken“ von Rolf Haufs (Quintus-Verlag)
Eine Lebensgeschichte und zugleich Zeitgeschichte!
Fast zehn Jahre nach dem Tod des Autors ist dessen Roman „Steinstücken“ erschienen. 60 Jahre nachdem Rolf Haufs ihn geschrieben hat. Gefunden in seinem Nachlass, veröffentlicht im Quintus-Verlag.
Die Geschichte des jungen Georg, ist zum Teil ein Rückblick auf Haufs eigenes Leben. Georg, ein junger Mann, der von einer Kleinstadt im Rheinland in die Berliner Exklave zieht. Der Autor selbst kam 1960 nach Steinstücken, wo er den Mauerbau aus nächster Nähe miterlebte. Immer wieder hat er sich mit den Orten seines Lebens literarisch auseinandergesetzt.
Das Buch handelt von einem Drama des Kalten Kriegs. Eine Lebensgeschichte und zugleich Zeitgeschichte. Als Ortsteil von Zehlendorf wurde Steinstücken nach 1945 dem amerikanischen Sektor Berlins zugeordnet, das umliegende Gebiet der sowjetischen Besatzungszone. Damit war der Grundstein gelegt für tragische und groteske Geschehnisse während der deutschen Teilung.
Rolf Haufs erzählt von den Lebensumständen der Dorfbewohner, den Grenzkontrollen, der amerikanischen Hubschrauber-Luftbrücke, Verhaftungen, Polizeiverhören und Gefängniszellen. Mit der Festnahme Georgs beginnt das Buch. Sie stellt die zweite Ebene der Handlung dar. Durch den dramatischen Einstieg, bekommt Georg die Möglichkeit von diesem besonderen Ort, Steinstücken, zu berichten. So stehen die Ereignisse in und um die Exklave im Vordergrund. Der Fluchtversuch eines Ostberliners wird zum zentralen Punkt der Geschichte. Bei einem vermeintlichen Begräbnis in einem Sarg versteckt, soll der Flüchtende aus Steinstücken nach Westberlin gebracht werden.
Der Roman erzählt mit einer großen Rastlosigkeit und Düsternis von all diesen Geschehnissen. Die Sätze wirken oft gehetzt. Meist werden nur einzelne Wörter aneinandergereiht, als wäre hier tatsächlich jemand auf der Flucht. Oft tappt man im Dunkeln. Was ist Wirklichkeit, was Georgs Fantasie?
Mich hat die Geschichte gepackt. Sie ist zum Weinen schrecklich und gerade darin liegt manchmal die Komik. Tatsächlich hatte ich beim Lesen manchmal ein Schmunzeln auf den Lippen und gleichzeitig eine Träne im Auge. Der Roman hat die großartige Fähigkeit, Bilder entstehen zu lassen. Bilder, die so einprägsam sind, dass es mir fast unheimlich vorkam. Für mich haben sich dank des Buches neue Details und Erfahrungen eröffnet. Sehr hilfreich ist auch das Nachwort von Kerstin Hensel, der Witwe von Haufs. Hilft es doch, den Roman in einen größeren Kontext einbetten zu können. Ein Glück, dass dieses Buch nun endlich einer breiten Leserschaft zugänglich ist. Aus meiner Sicht ist „Steinstücken“ eine absolute Leseempfehlung.
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